TAGwerk erfolgreich

"Esskultur bewegt auch am Lebensende"

Wie in Senioreneinrichtungen die Abteilungen Küche, Hauswirtschaft und Pflege zusammenarbeiten können, um dem Bewohner die optimale Versorgung in diesem wichtigen Lebensabschnitt anzubieten, haben die Branchen-Experten während der Veranstaltung TAGwerk am 6. und 7. November im Haus der Kirche in Kassel über 50 Teilnehmern präsentiert.

Paderborn, 13.11.2013 – Mit einem neuen Format hat das TAGwerk als Nachfolgeveranstaltung der Heimkochtagung das Thema Seniorenverpflegung auf eine neue Ebene gehoben. „Wir dürfen die Verantwortung für die Verpflegung im Seniorenheim nicht an der Küchentüre enden lassen, sondern Hauswirtschaft und Pflege mit einbinden“, sagt Jochen Müller, Herausgeber der Zeitschrift VerpflegungsManagement, zur Fachtagung in Kassel. Damit beschreibt er das Konzept der Veranstaltung TAGwerk: Toleranz, Akzeptanz und Gemeinschaft. Unter diesen Stichworten wurden die Fachvorträge der Branchenexperten vorgetragen.

Berufliches Selbstverständnis

Die Veranstaltung TAGwerk hat das Thema Seniorenverpflegung von vielen Seiten beleuchtet. Foto: LangDie Veranstaltung TAGwerk hat das Thema Seniorenverpflegung von vielen Seiten beleuchtet. Foto: Lang

So erläuterten zu Beginn der Veranstaltung Katharina Planer und Martina Feulner das Selbstverständnis der Bereiche Hauswirtschaft/Küche und Pflege. Dabei wurden die Schnittstellen, die Gemeinsamkeiten und die Differenzen der Abteilungen im Berufsbild und in der täglichen Praxis dargestellt. Der Beitrag stellte sehr ausführlich die Grundlagen dar, so dass die Teilnehmer sehr detailliert auf die wichtigen Fragen der Tagung vorbereitet wurden. Hierbei ging es um Fragen nach zentraler oder dezentraler Versorgung, Ernährungskonzepten, hauswirtschaftlichen Konzepten und Berufsverständnis. Insbesondere die Berufsbilder wurden hinterfragt und Martina Feulner betonte: „Die Berufsbilder widersprechen sich zum Teil.“ Deshalb sollten die unterschiedlichen Berufsgruppen aus Hauswirtschaft, Küche und Pflege Wissenslücken schließen und gemeinsam Ziele verfolgen.

Die Veranstalter (v.l.): Manon Lange-Wagner (IN VIA Akademie), Martina Feulner (H wie Hauswirtschaft), Jochen Müller (VerpflegungsManagement), Herbert Thill (Smoothfood) und Christine Klöber (Klöber Kassel). Foto: LangDie Veranstalter (v.l.): Manon Lange-Wagner (IN VIA Akademie), Martina Feulner (H wie Hauswirtschaft), Jochen Müller (VerpflegungsManagement), Herbert Thill (Smoothfood) und Christine Klöber (Klöber Kassel). Foto: LangRalf Klöber nahm im Folgevortrag die sinnvollen Maßnahmen der Großküchenarbeit im Seniorenheim unter die Lupe. Insbesondere die teilweise unsinnigen Hygienerichtlinien wurden von Klöber hinterfragt und es folgte ein kritischer Vergleich: „In deutschen Krankenhäusern sterben täglich 41 Menschen an Krankenhauskeimen, in der Gemeinschaftsverpflegung passiert das nicht.“ Damit möchte der Fachmann darauf hinweisen, dass noch mehr Hygiene-Maßnahmen nichts mehr bringen. „Wir müssen uns wehren“, ist Klöbers Forderung. Aus der kochenden Hand werde sonst eine dokumentierende Hand. Selbstverständlich müsse jeder Küchenmitarbeiter die Grundlagen der guten Hygiene kennen und einhalten. Doch es gehe in der Verpflegung schließlich darum, dass die Bewohner gut versorgt werden und sich wohlfühlen.

Einen sehr tiefgreifenden Vortrag hielt Gerda Graf, die das Thema Pallative Care vorstellte und die Wünsche von Sterbenden beschrieb. „Die Lebens- und Esskultur bewegt die Menschen auch am Ende des Lebens in der Rückschau“, sagte Graf. Am Ende könne die Spiritualität bei Sterbenden auch vom Essen kommen. Hier werden Kost-, Zubereitungs- und Darreichungsformen gesucht, die auch dem Sterbenden noch ein Genussgefühl geben könnten. Konkret hat in einem späteren Vortrag Sabine Pieck die „Ernährung am Lebensende“ im Detail beschrieben und konkrete Maßnahmen benannt. Insbesondere in der Sterbephase erlebe der Mensch Zustände, die beispielsweise eine genaue Flüssigkeitszufuhr erforderten. Um dies zu gewährleisten, seien gerade bei Anorexie und Kachexie (gestörte Nahrungsauswertung) besondere Maßnahmen notwendig. In diesem Bereich müssten Küche und Pflege eng zusammenarbeiten.

Das richtige Konzept erstellen

Christine Klöber beschäftigte sich mit der Frage nach dem richtigen Hauswirtschafts-Konzept im Seniorenheim, das Küche, Hauswirtschaft und Pflege verbindet. „Wie macht man das?“, fragte Klöber und teilte die Teilnehmer in verschiedene Gruppen ein. Jede Gruppe erarbeitete aus der persönlichen Erfahrung rund um die Begriffe „Wollen“, „Wissen“, „Handeln“, „Konzept“ und „Veränderung“ die Grundlagen für die einzelnen Schritte, die zum übergreifenden Konzept führen. Anschließend wurde in einer zweiten Runde das Thema „Personal/Ausbildung“ unter diesen Stichwörtern analysiert. Dabei wurden zahlreiche Ideen und Vorschläge der Teilnehmer aufgegriffen und es entstand ein grobes Konzept zum Thema „Personal“.

Andrea Brinker verunsicherte mit ihrem Vortrag zunächst die Teilnehmer, weil sie in die Rolle einer dementen Person schlüpfte und damit das Verhalten von Dementen verdeutlichte. Mit ihrem anschließenden Vortrag über „Integrative Validation nach Richard“ konnte Brinker verdeutlichen, wie der Umgang mit Dementen auch im Bereich Ernährung zu einem positiven Erlebnis für diese Bewohner werden kann, indem sie sich erinnern. Außerdem müsse man die Bewohner beim Essen ermutigen, nicht kritisieren. Ein Beispiel: „Sie haben ja schon zwei Gabeln gegessen“ bestätige den Dementen, Formulierungen wie „sie haben aber viel zu wenig gegessen“ oder „sie müssen schneller essen“ führten eher zur Verunsicherung.Bei einer Kochvorführung am zweiten Tag wurde eine köstliche seniorengerechte Verpflegung vor den Augen der Teilnehmer zubereitet und verkostet. Foto: LangBei einer Kochvorführung am zweiten Tag wurde eine köstliche seniorengerechte Verpflegung vor den Augen der Teilnehmer zubereitet und verkostet. Foto: Lang

Köstliche Kochvorführung

Abgerundet wurde die Veranstaltung durch eine Kochvorführung von Küchenleiter Dominique Thiriet aus Luxemburg unter Moderation von Herbert Thill, Smoothfood, sowie durch die Auszeichnung zweier Praxiskonzepte: das Mediana-Wohnstift in Fulda und das Seniorenzentrum Moringen. Moderiert wurde die gesamte Veranstaltung ebenfalls von Herbert Thill

Ein ausführlicher Beitrag wird in der Zeitschrift VerpflegungsManagement 11/12-2013 veröffentlicht.

 

Die nächste TAGwerk Tagung findet Anfang November 2014 statt.

Ansprechpartnerin zur Tagung ist Frau Lange-Wagner von der IN VIA Akademie, Paderborn. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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