Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat ihre Position zur veganen Ernährung neu bewertet und dazu ein Positionspapier verfasst. Neben aktualisierten Daten zur Gesundheit werden darin erstmals alle vier Zieldimensionen einer nachhaltigeren Ernährung betrachtet.
VerpflegungsManagement, 19.06.2024 – Im Mittelpunkt des neuen DGE-Positionspapiers zu veganer Ernährung stehen die Dimensionen Gesundheit und Umwelt. Berücksichtigt werden neben Nährstoffzufuhr und -status auch weitere Gesundheitsparameter wie zum Beispiel Knochengesundheit und das Risiko für ernährungsmitbedingte Erkrankungen. Für die Dimensionen Soziales und Tierwohl werden einzelne relevante Aspekte thematisiert.
In einer Kernaussage heißt es, „für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung kann neben anderen Ernährungsweisen auch eine vegane Ernährung eine gesundheitsfördernde Ernährung darstellen“. Voraussetzung dafür sei die Einnahme eines Vitamin-B12-Präparats, eine ausgewogene, gut geplante Lebensmittelauswahl sowie eine bedarfsgerechte Zufuhr der potenziell kritischen Nährstoffe und gegebenenfalls weiterer Nährstoffpräparate. Zu den potenziell kritischen Nährstoffen neben Vitamin B12, D, B2, Jod, Protein, langkettigen Omega-3-Fettsäuren, Calcium, Eisen, Zink und Selen wird neu auch Vitamin-A gezählt.
Vulnerable Gruppen
Für Kinder, Jugendliche, Schwangere, Stillende und Senioren kann die DGE aufgrund der limitierten Datenlage keine eindeutige Empfehlung für oder gegen eine vegane Ernährung aussprechen. „Aufgrund des Risikos für potenzielle, teilweise irreversible Konsequenzen bei inadäquater Durchführung müssen in vulnerablen Gruppen besonders fundierte Ernährungskenntnisse vorliegen, um sich vegan zu ernähren“, heißt es dazu. Für diese Zielgruppen sei eine sorgfältig gestaltete Ernährung von noch größerer Bedeutung als in der gesunden erwachsenen Allgemeinbevölkerung.
Speziell für die Gruppe der Senioren heißt es weiter: „Für eine vegane Ernährung der neu berücksichtigten vulnerablen Gruppe der Senioren gibt es bislang keine umfangreiche Erhebung. Auch wenn unklar ist, wie viele Menschen in dieser Altersgruppe vegan leben, ist anzunehmen, dass dieser Anteil in Zukunft steigen wird.“
Auswirkungen auf die Gesundheit
Zu gesundheitlichen Vorteilen und Risiken einer veganen Ernährung äußert sich die DGE wie folgt: „Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass gesunde Erwachsene, die sich vegan ernähren, im Vergleich zu anderen Ernährungsweisen von einigen gesundheitlichen Vorteilen profitieren, auch wenn die Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse überwiegend als sehr niedrig bis niedrig eingestuft wird.“ So würden Veganer tendenziell eine bessere kardiometabolische Gesundheit aufweisen, hätten niedrigere BMI-Werte und Blutfettwerte wie HDL-, LDL- und Gesamtcholesterin sowie Nüchternblutzucker.
Bei der Gesamtsterblichkeit oder Krebshäufigkeit liegen laut DGE Hinweise für Vorteile einer veganen Ernährung vor. Für die Häufigkeit von Schlaganfällen und Diabetes könnten aufgrund der aktuellen Datenlage jedoch keine eindeutigen Zusammenhänge abgeleitet werden. „Allerdings kann eine vegane Ernährung zu einer potenziell schlechteren Knochengesundheit und einem höheren Frakturrisiko führen“, heben die Ernährungsexperten hervor.
Supplementation von Vitamin B12 und Jod
Für die Umsetzung einer gesundheitsfördernden veganen Ernährung spricht die DGE Handlungsempfehlungen aus. So sei neben der regelmäßigen und zuverlässigen Supplementation von Vitamin B12 insbesondere auf eine ausreichende Zufuhr von Jod zu achten. „Veganer haben im Vergleich zu Mischköstlern tendenziell eine geringere Jodzufuhr, da wichtige Jodquellen wie Seefisch sowie Milch und Milchprodukte entfallen“, betont die DGE. Hingegen seien pflanzliche Milchalternativen nur selten mit Jod angereichert. Für eine ausreichende Jodversorgung sollten Veganer daher jodiertes Speisesalz sowie damit hergestellte Lebensmittel oder alternativ mit Meeresalgen versetztes Meersalz mit definiertem Jodgehalt verwenden.
Auch Algen mit moderatem und deklariertem Jodgehalt können zur Bedarfsdeckung beitragen, erläutern die Experten. Da die Jodgehalte in Algen sehr stark schwanken, sei aber eine übermäßige Jodzufuhr (>500 µg/Tag) nicht auszuschließen. „Daher sind Algen und Algenprodukte, bei denen der Jodgehalt nicht ausgewiesen ist, nicht zu empfehlen“, betont die DGE. Wenn nicht genügend jodhaltige Lebensmittel verzehrt werden, sollten Erwachsene in ärztlicher Absprache täglich 100 µg Jod als Präparat einnehmen. Weitere Handlungsempfehlungen beziehen sich auf eine vielseitige Lebensmittelauswahl und die Berücksichtigung weiterer (potenziell) kritischer Nährstoffe.
Effekte auf die Umwelt
Schließlich werden die Effekte einer veganen Ernährung auf die Umwelt thematisiert. Diese haben die Wissenschaftler auf Basis von Ökobilanzierungen und Modellrechnungen dargestellt und mit anderen Ernährungsweisen verglichen. Die ausgewerteten Daten verschiedener Umweltfaktoren wie Treibhausgasemissionen, Landnutzung oder Biodiversitätsverlust zeigen demnach insgesamt deutliche Vorteile einer veganen gegenüber einer omnivoren Ernährung. „Eine vegane Ernährung ist äußerst umweltfreundlich und empfehlenswert, um Umweltbelastungen des Ernährungssystems zu verringern“, heißt es dazu von der DGE. Unter Berücksichtigung sowohl gesundheits- als auch umweltrelevanter Aspekte sei eine Ernährungsweise entsprechend den DGE-Empfehlungen mit einer deutlichen Reduktion tierischer Lebensmittel zu empfehlen.
Die ausführliche Neubewertung der DGE-Position zu veganer Ernährung ist online abrufbar.
sn