DGE / Verarbeitete Lebensmittel
Einheitliche Klassifizierung nötig
Der Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln steigt weltweit. Da diese laut verschiedenen Studien im Verdacht stehen, ernährungsmitbedingte Krankheiten wie Diabetes oder Adipositas zu begünstigen, fordert die DGE verbindliche und einheitliche Kriterien zur Klassifizierung von Lebensmitteln anhand ihres Verarbeitungsgrades.

VerpflegungsManagement, 07.03.2023 – Für den 15. Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), der 2024 veröffentlicht wird, untersuchen Experten der Arbeitsgruppe „(Stark) verarbeitete Lebensmittel“ den aktuellen Wissensstand über Klassifizierungssysteme zur Einordnung von Lebensmitteln auf Basis ihres Verarbeitungsgrades. Erste Forschungsergebnisse sind in dem Beitrag „Einordnung von Lebensmitteln nach dem Verarbeitungsgrad und Bewertung gängiger Klassifizierungssysteme in der Ernährungsforschung“ zusammengefasst.

Einfluss auf die Verträglichkeit von Lebensmitteln

Demnach sind aktuell keine wissenschaftlich belastbaren Aussagen über den Einfluss des Verarbeitungsgrades von Lebensmitteln auf die Energie- und Nährstoffzufuhr, das Körpergewicht und damit auf die Gesundheit möglich, weil einheitliche Klassifizierungssysteme für verarbeitete Lebensmittel fehlen. Diese werden laut der DGE jedoch dringend benötigt: Denn zum einen nimmt der Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln Studien zufolge weltweit immer weiter zu. Zum anderen stehen stark verarbeite Lebensmittel bei regelmäßigen Konsum im Verdacht, ein Risikofaktor für Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes zu sein, berichtet die DGE-Arbeitsgruppe.

Wie hoch verarbeitet ein Lebensmittel eingestuft wird, bemisst sich im Allgemeinen anhand des Maßes der Veränderung eines Ursprungslebensmittels durch die Industrie. Die meisten der heute angewendeten Verarbeitungsverfahren verändern die Mikrostruktur des Roherzeugnisses, wodurch sich die Verdaulichkeit und die Verfügbarkeit von Nährstoffen, Energie und sekundären Pflanzenstoffen verbessert und/oder ihr Gehalt verringert werden, heißt es im Beitrag des Arbeitskreises. Das könne sich entweder günstig oder ungünstig auf die ernährungsphysiologische Qualität des Lebensmittels auswirken. Gleiches treffe auf die Rezeptur, also die Art und die Menge der verwendeten Zutaten, zu, erläutern die DGE-Experten. Neben zugesetzten Mengen an Zucker sowie Fetten und Ölen, die sich auf die Energiedichte auswirken, beeinflussen auch der Salzgehalt sowie zugefügte Zusatzstoffe die ernährungsphysiologische Qualität der Lebensmittel.

Kritikpunkte an bestehenden Klassifizierungssystemen

Die Autoren des Beitrags betonen daher, wie wichtig „der Einsatz eines einheitlichen, robusten Klassifizierungssystems für zukünftige Studien“ sei, um den Einfluss von verschiedenen möglichen Faktoren wie Energiedichte, Lebensmittelstruktur/-matrix, Prozesskontaminanten und Zusatzstoffe auf ernährungsmitbedingte Krankheiten aufzuklären. Bislang existieren die Klassifizierungssysteme IARC-EPIC, IFIC, UNC, NOVA und SIGA, um den Zusammenhang zwischen dem Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel und dem Risiko für ernährungsmitbedingte Krankheiten zu bewerten.

Diese unterscheiden sich laut den DGE-Experten jedoch teilweise erheblich hinsichtlich ihrer Kriterien zur Definition von Verarbeitungsgraden und folglich bei der Lebensmittelzuordnung. „Die Ergebnisse von Ernährungsstudien sind dementsprechend vom jeweils angewendeten Klassifizierungssystem abhängig und nur eingeschränkt vergleichbar“, heißt es in der Vorveröffentlichung. Weiterhin kritisiert die Arbeitsgruppe, dass keines der Klassifizierungssysteme in der aktuellen Fassung geeignet sei, um wichtige Verarbeitungsziele wie Ernährungssicherung, klima- und umweltgerechte Ressourcennutzung angemessen zu berücksichtigen.

Über den DGE-Ernährungsbericht

Alle vier Jahre erstellt die DGE im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft einen Ernährungsbericht. Dieser beschreibt und bewertet anhand wissenschaftlicher Untersuchungen die Entwicklung der Ernährungssituation in Deutschland. Er dient als wissenschaftlich fundierte, objektive Informationsquelle für alle Tätigen in der Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und den Medien.

Für den 15. Ernährungsbericht stellt die DGE vorab die Ergebnisse einzelner Forschungsthemen mit besonderer Aktualität vor – so auch zum Thema verarbeitete Lebensmittel. Der Beitrag ist als Vorveröffentlichung online unter https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/dgeeb/15-dge-eb/15-DGE-EB-Vorveroeffentlichung-Kapitel8.pdf verfügbar

jb

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