DKG / KKH-Rating-Report
Wirtschaftlich angeschlagen
Wenn sich die wirtschaftliche Lage in den Krankenhäusern nicht verbessert, wird sich der Anteil der von Schließung bedrohten Kliniken in den kommenden Jahren auf 70 bis 80 Prozent erhöhen. Zu diesem Ergebnis kommt der 18. Krankenhaus-Rating-Report der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).

VerpflegungsManagement, 28.06.2022 – Der Rating-Report der DKG, der die ökonomische Situation der deutschen Krankenhäuser untersucht und im Rahmen des „Hauptstadtkongress 2022 – Medizin und Gesundheit“ im Juni der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, verdeutlicht, wie dringend die Reform der Krankenhausfinanzierung ist: Demnach war die wirtschaftliche Lage der Häuser auch im Jahr 2020 so angespannt wie in den Jahren zuvor, wobei jedoch die Ausgleichszahlungen und andere Hilfen von Bund und Ländern im Rahmen der Covid-19-Pandemie dafür sorgten, dass die Zahlen für das erste Pandemiejahr besser ausfielen als im Vorjahr. Nur noch sieben Prozent der Häuser lagen im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr. Und das, obwohl im Jahr 2020 die stationäre Fallzahl außerordentlich stark um 13,5 Prozent sank. Im zweiten Pandemiejahr 2021 verharrte sie weitgehend auf diesem niedrigen Niveau.

Experten erwarten Zuspitzung der Lage
Für die kommenden Jahre prognostiziert der Rating-Report noch einmal drastische Verschärfungen. Demnach haben 2020 rund 28 Prozent der Krankenhäuser einen Verlust eingefahren – trotz der Corona-Ausgleichszahlungen. Jedes vierte Haus ist dem Report zufolge wirtschaftlich so angeschlagen, dass es nur unter Schwierigkeiten und erhöhten Zinsen Kredite erhält. Bei sieben Prozent der Kliniken ist die Ausfallwahrscheinlichkeit demnach sogar so hoch, dass ihnen Kredite nicht oder nur unter erheblichen Auflagen gewährt werden.

Für 2022 erwarten die befragten Krankenhausträger noch einmal eine drastische Zuspitzung der Lage: Knapp die Hälfte der Krankenhäuser gehen von Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme aus, insgesamt ein Fünftel erwartet sogar, dass ihnen keine Kredite mehr gewährt werden. 59 Prozent erwarten eine negative Jahresbilanz.

Die Politik muss handeln
Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der DKG, betont: „Kosten und Erlöse kommen nach wie vor nicht zusammen. Auch nach zwei Jahren Pandemie erleben wir den kalten Strukturwandel im stationären Sektor, der droht, die flächendeckende Versorgung in Deutschland zu gefährden.“ In diesem Sinne müsse die Politik dringend handeln und ein stabiles Finanzierungssystem aufstellen – nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Inflation, die die Situation weiter verschärfe, weil die Krankenhäuser die starken Preisanstiege für Energie, Lebensmittel und Medizinprodukte nicht weitergeben können, führt Gaß aus.

Er appelliert an die zuständigen Politiker: „Wir benötigen jetzt kurzfristig einen deutlichen Inflationsausgleich, um die Krankenhäuser arbeitsfähig zu halten. Das ist gerade vor der drohenden Herbstwelle unverzichtbar. Und die Politik muss den Herbst vorbereiten und die Krankenhäuser finanziell für erneut stark steigende Corona-Fallzahlen wappnen.“

Digitalisierung fördern

Eine Lösung sieht RWI-Gesundheitsexperte Boris Augurz im Zusammenschluss des Gesundheitswesens: „Das deutsche Gesundheitswesen kann und muss deutlich effizienter werden, beispielsweise durch sektorenübergreifende Versorgung.“ Auch müsse die Digitalisierung laut Report im Gesundheitswesen vorangebracht werden. Dazu gehöre, telemedizinische Leistungen, Videosprechstunden, Telekonsile, Telemonitoring und telenotärztliche Versorgung regelhaft zu ermöglichen.

Denn auch ohne Pandemie und Inflation bleiben zahlreiche Dauerbaustellen der Krankenhausfinanzierung, mahnt der Krankenhaus-Rating-Report an: Einem Investitionsbedarf von mehr als sechs Milliarden Euro stehen lediglich drei Milliarden Euro tatsächliche Investitionsfinanzierung gegenüber. „Gerade angesichts der Herausforderungen durch Klimawandel und Digitalisierung ist das inakzeptabel. Zudem muss die Politik die Aufgabe lösen, das DRG-System so zu ergänzen, dass die Versorgung in der Fläche auch mit gesunkenen Fallzahlen gewährleistet bleibt“, erklärt Gerald Gaß.

Über den Rating-Report der DKG
Datengrundlage des Krankenhausrating-Reports 2022 sind 540 Jahresabschlüsse von Krankenhäusern aus dem Jahr 2019 und 544 aus dem Jahr 2020. Sie umfassen insgesamt 957 Krankenhäuser. Für das Jahr 2021 lagen noch keine Jahresabschlüsse in ausreichender Zahl vor. Der Report wird gemeinsam vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und dem Institute for Healthcare Business in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen erstellt. Die aktuelle Studie kann gegen Gebühr beim Verlag Medhochzwei bestellt werden.

jb

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