DGE
Produkte ohne Nutzen
„High-Protein“-Produkte haben laut der DGE bis auf wenige Ausnahmen keinen gesundheitsfördernden Nutzen. Greifen Verbraucher zu häufig zu den meist hochverarbeiteten Lebensmitteln, droht langfristig sogar ein Mangel an sekundären Pflanzenstoffen.

VerpflegungsManagement, 12.10.2021 – Mit „Protein“ beworbene Lebensmittel reichen von Müsli über High-Protein-Pudding und Proteineis bis hin zu Linsenchips. Lebensmittel dürfen die Angabe „Proteinquelle“ tragen, wenn mindestens 12 Prozent des Energiegehalts aus Protein stammen. Bei Angaben wie „High Protein“ müssen mindestens 20 Prozent des Energiegehalts aus Protein sein. Völlig unnötig, ist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) überzeugt. Der Trend habe sich im letzten Jahrzehnt aus den Fitnessstudios ausgebreitet, erziele aber keinen ernährungsphysiologischen Nutzen.

Kein gesunder Genuss

Zwar ist Protein, also Eiweiß, lebenswichtig für Muskeln, Knochen, Bindegewebe, Immunsystem und Blutgerinnung. Jedoch liefere eine gesundheitsfördernde, nachhaltige Ernährung bereits eine ausreichende Menge an Nährstoffen und das mit weitgehend naturbelassenen oder wenig verarbeiteten und abwechslungsreich ausgewählten Lebensmitteln, erklären die DGE-Ernährungsexperten. „Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutzt, bekommt genug Protein und spart sich das Geld für die meist teureren Produkte“, betont Antje Gahl, Pressesprecherin der DGE.

Der Großteil der Bevölkerung habe kein Problem mit der Proteinversorgung und ein gesundheitlicher Nutzen durch die Extraportion Protein ist der DGE zufolge auch nicht zu erwarten. Muskelaufbau oder Abnehmerfolge könnten nicht allein durch mehr Protein bei unveränderter Ernährung und Bewegung erzielt werden. Selbst Menschen, die aufgrund ihres Alters oder bei Leistungssport einen höheren Proteinbedarf haben, können ihn über herkömmliche proteinreiche Lebensmittel decken. Dazu zählen neben Fleisch, Fisch, Milchprodukten und Eiern vor allem Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen und Erbsen.

Lediglich einzelne Innovationen könnten Gahl zufolge sinnvoll sein, etwa Nudeln aus Linsen oder Erbsen für Menschen mit Zöliakie. Die DGE betont in einer offiziellen Mitteilung weiter: „Hochverarbeitete Produkte wie Chips und Schokoriegel sind kein ‚gesunder Genuss‘, nur weil viel Protein zugesetzt wurde.“

Kostengünstige Zutaten

Zu den Produkten mit einem natürlich enthaltenen hohen Proteingehalt zählen Quark, aber auch Skyr, Nudeln aus Linsen und Produkte aus Insekten und Algen. Daneben kreieren Hersteller High-Protein-Produkte wie Fertiggerichte durch die Kombination proteinreicher Zutaten oder mit Protein angereicherter Produkte: So würden an sich kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Brot mit Eiweißkonzentraten beispielsweise aus Weizen, Soja oder Lupinen versetzt. Auch bereits proteinreiche Lebensmittel wie Milch würden mit Milcheiweiß angereichert, um Label wie „High Protein“ zu tragen, erläutert die DGE.

Damit würden viele High-Protein-Produkte zu hochverarbeiteten Lebensmitteln, die meist aus kostengünstigen Zutaten zusammengesetzt sind, also aus überwiegend industriellen Energie- und Nährstoffquellen und Zusatzstoffen bestehen.

Kritische Zufuhr

Diese Produkte sind laut der DGE meist ansprechend verpackt, intensiv vermarktet, lange haltbar, verzehrfertig und schmackhaft. Werde aber zu häufig zu diesen Produkten gegriffen und Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Nüsse verdrängt, könne das langfristig kritisch für die Zufuhr von sekundären Pflanzenstoffen, Nähr- und Ballaststoffen sein und mit Übergewicht, ernährungsbedingten Krankheiten und ökologischen Nachteilen einhergehen, fasst die DGE zusammen. Bei Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion könne viel Protein zudem problematisch sein und zu einer Verschlechterung führen. Bei gesunden Menschen werde überschüssiges Protein über den Urin ausgeschieden.

Empfohlene Referenzwerte

Auch Veganer seien mit pflanzlichen Proteinen aus gezielter Kombination von Getreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln gut versorgt, beruhigt die DGE. Voraussetzung sei eine ausreichende Energiezufuhr.

Für Erwachsene gilt ein Referenzwert für die Proteinzufuhr von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Bei einem Menschen, der 68 Kilogramm wiegt, sind das 54 Gramm Protein pro Tag. Diese Menge steckt beispielsweise in zwei Scheiben Vollkornbrot mit Erdnussmus (1 g Protein), 25 Gramm Ofenkartoffeln mit 15 Gramm Quark (2 g Protein) und 15 Gramm gegarten Linsen (1 g Protein).

jb

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