AOK Bundesverbrand / BZfE
Kaum Ernährungskompetenz vorhanden
Über die Hälfte der deutschen Bevölkerung verfügt über eine problematische, wenn nicht gar inadäquate Ernährungskompetenz in Bezug auf die Gestaltung ihres Ess- und Ernährungsalltags. Das ergab eine repräsentative Studie des AOK Bundesverbandes.

VerpflegungsManagement, 08.07.2020 – Mit den Untersuchungen der AOK-Studie liegen erstmals bundesweit repräsentative Ergebnisse zur Ernährungskompetenz der Deutschen vor. Diese verdeutlichen, dass knapp 54 Prozent der Bundesbürger nicht oder nur unzureichend in der Lage sind, ihren Ess- und Ernährungsalltag selbstbestimmt, verantwortungsbewusst und genussvoll im Hinblick auf unterschiedliche und komplexe Anforderungen zu gestalten. Dazu zählen neben einer Mahlzeitenplanung, die den zeitlichen und finanziellen Ressourcen angepasst ist, auch eine gesundheitsorientierte Auswahl von Lebensmitteln, deren variantenreiche, schmackhafte Zubereitung sowie der Genuss gemeinsamer Mahlzeiten für das persönliche Wohlbefinden.

Jüngere tun sich schwerer

Insgesamt wurden 2.000 Personen zu acht unterschiedlichen Kompetenzfeldern befragt. Besonders der Bereich „gesundes Vergleichen“ bereite den Umfrageergebnissen zufolge den Befragten die größten Schwierigkeiten: Rund 72 Prozent der Teilnehmer fehlt es nach Selbsteinschätzung beispielsweise an Werkzeugen und Fähigkeiten, aus der Angebotsvielfalt bei Lebensmitteln die richtige Wahl zu treffen, wobei deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern sowie in den verschiedenen Altersgruppen zu verzeichnen sind. In der jüngeren Generation (zwischen 18 und 24 Jahren) weisen lediglich 37,1 Prozent der Befragten eine ausreichende Kompetenz auf und während über die Hälfte der Frauen (53%) eine ausreichende Ernährungskompetenz besitzt, sind es bei den Männern gerade einmal 38 Prozent. Die Ergebnisse von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund unterscheiden sich dagegen nicht.

Wachsende soziale Ungleichheit

Deutlich wurde anhand der Studie aber auch, wie eng Bildung und Einkommen mit der Ernährungskompetenz zusammenhängen: Je höher der Bildungsabschluss beziehungsweise das Einkommen der Befragten, desto höher auch die Ernährungskompetenz. Es bedürfe einer breit angelegten, strukturierten und langfristigen politischen Strategie, um die Ernährungskompetenz in Deutschland zu steigern, lautet das Fazit der Studie. Auch das Bundezentrum für Ernährung sieht akuten Handlungsbedarf und verkündet in einer Pressemitteilung: „Die Ergebnisse sind vor dem Hintergrund großer gesellschaftlichen Herausforderungen wie beispielsweise einer wachsenden sozialen Ungleichheit, der Omnipräsenz ungünstig zu bewertender Lebensmittel und einem hohen Anteil von gering Literalisierten in Deutschland zu bewerten.“

Ausbau der Ernährungsbildung

Ein wichtiges Instrument zur Stärkung der Ernährungskompetenzen sieht das BZfE daher in dem konsequenten Ausbau der Ernährungsbildung im Sinne eines lebenslangen Lernens. Sein Ziel ist es nun, Kitas, Schulen sowie Institutionen der Erwachsenenbildung in ihrem Bildungsauftrag wirksam zu unterstützen. Der „Ernährungsführerschein“ für die Grundschule und die „SchmExperten“ für die weiterführenden Schulen sind nur zwei Beispiele für fertig ausgearbeitete Materialien zur Ernährungsbildung, die das BZfE Pädagoginnen und Pädagogen bundesweit zur Verfügung stellt. Auch für die Erwachsenenbildung könne der Ansatz der Food Literacy laut Meinung der Experten ein Schlüssel zum Erfolg sein. Das Kursleitermaterial „Buchstäblich fit“ für die Grundbildung unterstützt Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben haben, den komplexen Essalltag zu bewältigen und fördert gleichzeitig den Schriftspracherwerb. Pädagoginnen und Pädagogen, die sich im Bereich Ernährungsbildung fortbilden möchten, finden beim Bundeszentrum für Ernährung ein aktuelles und zukünftig wachsendes Angebot.

jb

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