Gäste 2013

Kaffeeduft und Fruchtbukett: Gerüche als Appetitanreger

Die Verpflegungsfachtagung Care präsentiert zur Gäste 2013 moderne Konzepte für Senioren- und Behinderteneinrichtungen. Die Konferenz richtet sich an Verantwortliche, Fachwirte und Köche.

VerpflegungsManagement, 27.06.2013 - Die Nase isst mit! Denn Geschmack wird auch durch Geruch beeinflusst. Welcher Zusammenhang zwischen Geruchssinn und Essverhalten besteht und wie Senioren- und Behinderteneinrichtungen aromatische Speisedüfte als Appetitanreger einsetzen können - das ist ein Thema der Verpflegungsfachtagung Care, die am 16. und 17. September 2013 erstmals auf der Leipziger Gastgewerbe-Messe Gäste ausgerichtet wird.

„Der Geschmackssinn ist eng mit dem Geruchssinn verbunden. Die Abstufungen beim Schmecken werden im Wesentlichen durch die Nase wahrgenommen", erläutert Mandy Scheibe, Fachärztin an der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des Universitätsklinikums Dresden; Interdisziplinäres Zentrum Riechen & Schmecken. Am 16. September 2013, 15.30 Uhr, referiert die Expertin gemeinsam mit Martin Reinirkens vom Martineum Evangelisches Seniorenzentrum Essen-Steele über das Thema „Der Geruchssinn - Einfluss auf das Essverhalten". Während sich über die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge lediglich fünf Qualitäten identifizieren lassen - süß, salzig, sauer, bitter und umami (japanisch, in etwa: schmackhaft, herzhaft, fleischig) -, können die Riechzellen der Nase Millionen von Düften unterscheiden. „Fällt der Geruchssinn aus, bleiben nur die fünf grundlegenden Geschmacksrichtungen übrig", so Scheibe.

Mit dem Alter schwinden Riechsinn und Geschmack

„Rund fünf Prozent der Bevölkerung leiden unter einem kompletten Riechverlust. Doch generell geht mit dem Älterwerden der Geruchssinn zurück, weil sich die Riechsinneszellen nicht mehr so gut regenerieren können", erklärt Mandy Scheibe. Die Geschmackswahrnehmung verändere sich ebenfalls. Deshalb favorisierten Senioren häufig salzigere und süßere Speisen. Kleine Portionen in verschiedenen Konsistenzen, welche die Extreme der Geschmacksrichtungen betonen, seien daher empfehlenswert. Doch das Riechen habe noch weitere Funktionen - Gerüche würden zum Beispiel vor Gefahren wie Lebensmittelvergiftungen warnen und hätten ebenso soziale Bedeutung. Wer nicht riechen könne, sei oft unsicher. In ihrem Fachvortrag führt die Medizinerin in die Grundlagen des Riechens ein und legt Ursachen sowie Auswirkungen von Riechstörungen dar.

"Frische Küche hat viel mit Geruch zu tun, aromatische Düfte regen den Appetit genauso an wie das Erinnerungsvermögen", berichtet Martin Reinirkens, Leiter der Gastronomie am MARTINEUM Evangelisches Seniorenzentrum Essen-Steele. Seine Küche versorgt rund 300 Bewohner, die in drei Häusern mit unterschiedlichen Schwerpunkten leben - einer davon ist Demenz. Im Mittelpunkt des gastronomischen Konzepts stehe basale Stimulation. So würden zum Beispiel grundlegende Reize wie die köstlichen Duftnoten frischen Kaffees oder dampfenden Essens die Wahrnehmungen der Bewohner aktivieren.

Der Tag beginnt mit Frühstücksduft

„Frühstücksgerüche lassen sich ohne großen Aufwand in den Wohnbereichen erzeugen. Gerade an Demenz Erkrankte können wir damit gut erreichen", betont Martin Reinirkens. Zwar liefere nach wie vor eine Bäckerei frisches Brot und Semmeln - doch ein paar Brötchen würden vor Ort aufgebacken und sorgten für den charakteristischen Duft, der den Bewohnern morgens in die Nase ziehe. „Den Kaffee haben wir früher zeitig im Keller gekocht, 40 Liter. Stunden später wurde er getrunken. Heute wird er dezentral in den Wohnbereichen frisch gebrüht, und es wird weniger weggeschüttet", schildert der Gastronomiechef. Für Kaffee und Tee gebe es zudem verschiedenfarbige Kannen - eine Orientierung für Senioren mit Demenzerkrankung. Müsli werde passiert und leichter verzehrbar im Glas angeboten.

Das Mittagessen wird vom Küchenpersonal mit Wärmewagen im Seniorenzentrum verteilt. „Ab 12 Uhr riecht es überall nach Zwiebeln, Knoblauch, Kräutern. Und das ist gewollt, denn es weckt Erinnerungen und lässt den Spaß am Essen wiederkehren", beschreibt Martin Reinirkens, der großen Wert legt auf frische, saisonale Zutaten aus der Region sowie mediterrane und vegetarische Küche mit viel Salat und Gemüse. „Es stimmt nicht, dass die älteren Leute ungern Salat essen - er muss nur weich genug sein", so Reinirkens. Bei der mediterranen Küche gelte es, Überzeugungsarbeit zu leisten: „Da muss man am Ball bleiben und die Mahlzeiten ansprechend anrichten." Statt mit Salz würze man mit Kräutern. Kräuteröl wird selbst hergestellt, und alle Desserts stammen aus eigener Küche.

Der Chefkoch kommt persönlich

Jeden Mittwoch lädt der Küchenchef zum Menügespräch ein, immer in einem anderen der 16 Wohnbereiche. Dabei hat er frisches Gemüse, Obst und Gewürze im Gepäck - zum Tasten, Riechen, Erinnern. „Von diesen Treffen nehme ich jedes Mal Rezepte und Wunschgerichte für den Menüplan der kommenden Woche mit", sagt Chefkoch Reinirkens. Zudem gebe es eigens eingerichtete Therapieküchen und mobile Induktionsherde, so dass die Bewohner selbst Hand anlegen könnten. „Zum Nulltarif ist frische, moderne Küche zwar nicht zu haben, aber mit 5,16 Euro pro Bewohner gehören wir nicht zur Spitze", so Reinirkens.

Der Fachvortrag „Der Geruchssinn - Einfluss auf das Essverhalten" mit Mandy Scheibe und Martin Reinirkens findet am Montag, 16. September 2013, 15.30 Uhr statt. Detaillierte Informationen zum Programm der Verpflegungsfachtagung Care sowie die Teilnehmerregistrierung sind im Internet unter der Adresse www.gaeste.de/care zu finden.

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