Dehoga
„So sieht Steuerfairness aus“
Der Deutsche Hotel- und Gaststätten-Verband (Dehoga Bundesverband) hat für das letzte Jahr eine Bilanz gezogen und einen Ausblick auf 2023 gewagt. Demnach nehmen die Zukunftsängste in der Branche zu. Dies verdeutlichen die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage.

VerpflegungsManagement, 06.09.2023 – Nach drei Verlustjahren in Folge steht das Gastgewerbe in Deutschland noch immer vor großen, teilweise existenziellen Herausforderungen. Laut Statistischem Bundesamt liegen die preisbereinigten Umsatzverluste im ersten Halbjahr 2023 mit real 10,4 Prozent deutlich unter den Werten des Vorkrisenniveaus 2019 (nominal +9,6 %). Das Gaststättengewerbe schneidet bei diesen Vergleichswerten mit einem realen Umsatzminus von 13 Prozent (nominal +8,7 %) sogar noch schlechter ab.

Betriebssterben und Umsatzsteuererhöhung

Außerdem hat die Branche 2020 und 2021 zirka 36.000 Unternehmen verloren. 2024 droht das Aus von 12.000 weiteren Betrieben, wenn zum Jahreswechsel die geplante Steuererhöhung von sieben auf 19 Prozent kommen würde, stellt der Verband laut den Ergebnissen der aktuellen Umfrage fest. „Das ist bitter. Denn schon jetzt ist die Gastronomiedichte insbesondere im ländlichen Raum spürbar gesunken“, sagt Dehoga-Präsident Guido Zöllick. „Eine Steuererhöhung auf Speisen zum 1. Januar 2024 müsste in vollem Umfang an die Gäste weitergegeben werden wie auch weitere Kostenbelastungen, da die Gastronomen keine Spielräume und Reserven mehr haben. Das führt zu einem Preisschock für die Gäste. Weniger Gäste, Umsatzverluste und weitere Betriebsschließungen wären vorprogrammiert“, erläutert Zöllick und mahnt: „Warum soll unsere Branche wieder steuerlich benachteiligt werden? Wir wollen, dass Essen einheitlich mit sieben Prozent besteuert wird, egal ob, wie und wo zubereitet, und wie und wo verzehrt. So sieht Steuerfairness aus.“

Schwaches Sommergeschäft, steigende Kosten

Die Branche steht auch deshalb massiv unter Druck, weil das Sommergeschäft vielerorts nicht wie erwartet lief. Laut Dehoga-Umfrage fiel es für jeden zweiten Unternehmer (54,4 %) schlechter aus als im Vorkrisenjahr 2019, und für 40,7 Prozent sogar auch schlechter als 2022. „Neben dem wechselhaften Wetter stellten 64,5 Prozent der Betriebe einen Rückgang der Gästezahlen wegen der zunehmenden Konsumzurückhaltung fest“, bestätigt der Dehoga-Präsident.

Fakt ist: Die Branche leidet ebenso wie ihre Gäste enorm unter den weiter steigenden Kosten. So gaben die Umfrageteilnehmer an, dass die Preise für Lebensmittel um durchschnittlich 25,3 Prozent höher lagen als im August 2022, die von Getränken um 18,1 Prozent und die Energieprodukte um 41,3 Prozent, die Personalkosten kletterten gar um 21 Prozent nach oben.

Als größte Herausforderung sehen 83,8 Prozent der Betriebe die Kostenexplosion in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, gefolgt von den überproportional gestiegenen Kosten für Energie (79,5 %), Personal (76 %) und der zunehmenden Bürokratie (75 %). 65,2 Prozent der Unternehmer sprechen zudem von einem akuten Mitarbeitermangel. „Die Existenzängste in der Branche sind unvermindert hoch. Mit 45,5 Prozent erwarten fast die Hälfte unserer Unternehmer, dass die Geschäfte in den kommenden drei Monaten schlechter laufen als bisher“, bestätigt Zöllick. Vor dem Hintergrund sinkender Gästezahlen bei zugleich steigenden Kosten befürchten 28 Prozent der Unternehmer, mit ihrem Betrieb im Jahr 2023 sogar in die Verlustzone zu geraten.

Schwerpunktthema Steuererhöhung

Um die Branche zu unterstützen, fokussiert sich der Dehoga derzeit darauf, eine Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen zum Jahreswechsel zu vermeiden. Denn dies hätte laut Zöllick fatale Folgen für Gäste und Beschäftigte, für die Tourismuswirtschaft und die Betriebe. Wenn noch mehr Restaurants und Cafés verschwinden, würde der Verödung von Innenstädten weiter Vorschub geleistet werden, der ländliche Raum würde auch an Attraktivität verlieren, ein Verlust an Lebensqualität wäre vorprogrammiert.

Auch der Schaden für Lieferanten und Partner wäre groß. Wertvolle regionale Wertschöpfungsketten, zum Beispiel mit der Landwirtschaft, dem Lebensmittelhandwerk, Winzern und Brauereien, würden in Mitleidenschaft gezogen. „Wir wollen, dass Gastronomie bezahlbar bleibt“, sagt Guido Zöllick, „das gilt auch für die Gemeinschafts- wie für die Kita- und Schulverpflegung.“ Sieben Prozent Umsatzsteuer gebe den Anbietern mehr finanzielle Möglichkeiten für den Kauf frischer, regionaler und ökologisch erzeugter Lebensmittel. Eine Steuererhöhung auf 19 Prozent würde daher „in krassem Widerspruch zu den Zielen der Ernährungsstrategie der Bundesregierung stehen“, hebt der Branchenkenner hervor.

Steuergerechtigkeit heißt deshalb laut Dehoga: Essen muss einheitlich mit sieben Prozent besteuert werden Der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt aktuell in 23 EU-Staaten. In den meisten Staaten wird Essen, egal wie und wo zubereitet, steuerlich gleichbehandelt. „Mit Blick auf die hohe Relevanz der Gastronomie muss sie steuerpolitisch sachgerecht behandelt und darf gegenüber anderen Anbietern von Essen nicht benachteiligt werden“, erklärt der Gastroexperte. Seit Jahrzehnten macht sich der Verband stark für einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz auf Essen - egal wo und wie es zubereitet und konsumiert wird. Zöllick verdeutlicht: „Es ist weder fair noch gerecht noch logisch, dass ab dem 1. Januar 2024 für Essen in Cafés und Restaurants wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden, während für das Essen zum Mitnehmen, den Fertigsalat aus dem Supermarkt und die Essenslieferung weiterhin sieben Prozent gelten.“ Das Angebot zur Essensmitnahme in Supermärkten und Discountern, Bäckereien und Metzgereien sowie Tankstellen wurde in den vergangenen zehn Jahren stetig ausgeweitet und steht längst in großer Konkurrenz zu den gastronomischen Betrieben. „Wenn Restaurants, Wirtshäuser und Biergärten überleben sollen, müssen die 7% Mehrwertsteuer bleiben“, fordert Zöllick.

rl

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